Das Haus am Rhein, in dem sich der Deutsche Bundestag am 7. September 1949 konstituiert, ist für einen Neuanfang wie gemacht. Gerade Kanten, weiße Flächen – die Formensprache, die Martin Witte der 1930 bis 1933 gebauten Pädagogischen Akademie am Rheinufer verlieh, ist nüchtern und sachlich. Sie hat nichts von der Monumentalität der nationalsozialistischen Architektur, zählt sogar zu einem Stil, den die Nationalsozialisten ablehnten.
Und auch der Architekt Hans Schwippert, der das Gebäude 1949 in Rekordzeit zu einem „Bundeshaus“ erweitert, ist diesem Stil verpflichtet. Er lässt Bürotrakte errichten für Abgeordnete des Bundestags und für den Bundesrat, der seine Sitzungen in der früheren Aula der Akademie abhält. Schwippert baut ein Restaurant, das zum Rhein hin komplett verglast ist. An die Turnhalle der Akademie, die er zu einer „Wandelhalle“ umbaut, setzt er einen Plenarsaal mit großen Glasflächen. „Ich habe gewünscht, dass das deutsche Land der parlamentarischen Arbeit zuschaut [...]. Ich wollte ein Haus der Offenheit, eine Architektur der Begegnung und des Gesprächs.“
Schwippert vertritt Ideen des Neuen Bauens. Manche von ihnen kommen nicht durch. Der Architekt kann sich nicht mit dem Vorschlag durchsetzen, die Sitze im Plenarsaal kreisrund anzuordnen und auf ein Rednerpult zu verzichten. Die lichten Fensterwände sehen durch seitliche Tribünen für Presse und Diplomaten, die beim ersten Umbau des Gebäudes 1953 eingezogen werden, und durch neue Wandelgänge anders aus als zunächst geplant.