Mit der Wiedervereinigung, die nach Monaten zäher Verhandlungen im Oktober 1990 realisiert ist, wird es im Wasserwerk noch etwas enger als zuvor: auch die neuen Bundesländer schicken nun Abgeordnete nach Bonn. Sie müssen sich schon bald mit dem Hauptstadtthema befassen: „Hauptstadt Deutschlands ist Berlin. Die Frage des Sitzes von Parlament und Regierung wird nach der Herstellung der Einheit Deutschlands entschieden.“ So steht es im Einigungsvertrag von 1990.
Die zugehörige Debatte am 20. Juni 1991 im Wasserwerk dauert beinahe zwölf Stunden und ist geprägt von Emotionen. Das Ergebnis, verkündet um 21.49 Uhr: 320 Parlamentarier stimmen dafür, den Sitz von Bundesrat und Bundespräsident nach Berlin zu verlegen, 337 Abgeordnete wollen gleichzeitig, dass Parlament und Kernbereiche der Regierung umziehen.
Ausschlaggebend für die Mehrheit zugunsten Berlins soll unter anderem der Auftritt von Innenminister Wolfgang Schäuble gewesen sein. Er erinnert an den Symbolcharakter Berlins während des Kalten Krieges, an die Luftbrücke 1948, den niedergeschlagenen Volksaufstand vom 17. Juni 1953, den Mauerbau 1961 und die Szenen des Jahres 1989/90: „Ich glaube, in den vierzig Jahren, in denen wir geteilt waren, hätten die allermeisten von uns auf die Frage, wo denn Parlament und Regierung sitzen werden, wenn wir die Wiedervereinigung haben, die Frage nicht verstanden und gesagt: Selbstverständlich in Berlin.“ Altkanzler Willy Brandt, während des Mauerbaus Oberbürgermeister von Berlin, geht nach der Rede demonstrativ nach vorne, gibt ihm ergriffen die Hand.
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